Die Sozialpartner haben die Lehrlingsausbildung im Einzelhandel auf neue Beine gestellt. Die Prüfung am Ende der Lehre ist nun viel praxisorientierter und soll die tägliche Arbeitssituation im Umgang mit Kunden widerspiegeln. Mussten die Lehrlinge früher eine Projektarbeit präsentieren, besteht ein Teil der praktischen Prüfung nun aus einem Rollenspiel.
Dazu schlüpfen die Prüfer in die Rolle von Kunden und simulieren ein Verkaufsgespräch. „Wie ein Mitarbeiter mit einer schwierigen Situation umgeht, kann wettbewerbsentscheidend sein“, sagte Rene Tritscher, Geschäftsführer der Bundessparte Handel, bei einem Pressegespräch im Februar 2016. Mitarbeiter seien Botschafter eines Unternehmens. Das Verkaufsgespräch sei entscheidend dafür, ob ein Kunde ein Geschäft noch einmal besuche.
Soziale Kompetenz schulen
„Es wird immer wichtiger, Lehrlinge auch in sozialen und persönlichen Kompetenzen zu schulen“, meinte die Bundesjugendsekretärin der Gewerkschaft GPA-djp, Barbara Kasper. Gewerkschaft und Wirtschaftskammer haben dazu auch einen Ausbildungsleitfaden herausgegeben, von denen 5.000 Exemplare an die heimischen Handelsbetriebe verschickt wurden. Er richtet sich auch an Firmen, die bisher noch keine Lehrlinge ausbilden und enthält alle Schritte von der Lehrlingssuche über Informationen, was man einem Lehrling alles beibringen muss bis zum Inhalt und Ablauf der Lehrabschlussprüfung.
Online-Geschäfte: Ausbildung wird angepasst
Mit rund 17.000 Lehrlingen ist der Handel nach dem Gewerbe der zweitgrößte Lehrlingsausbilder in Österreich. Die Bezahlung liegt laut Kollektivvertrag zwischen 526 Euro monatlich im 1. Lehrjahr und 958 Euro im 3. Jahr. Insgesamt 15 verschiedene Richtungen stehen zur Auswahl – vom Baustoffhandel über den Lebens- und Schuhhandel bis zur Uhren- und Juwelenberatung. Noch nicht ausreichend abgebildet ist das zunehmende Onlinegeschäft. Derzeit verkaufen in Österreich etwa ein Viertel aller Einzelhandelsbetriebe auch online. Logistik, Rückgabepraxis, Marketing, Zahlungssystem usw. funktionieren online aber ganz anders als im Geschäft. Das soll künftig in den Lehrberuf eingearbeitet werden, so Tritscher.
Karrierechancen im Handel
Der Handel beklagt schon seit längerer Zeit ein Nachwuchsproblem. Das Image der Branche ist nicht das Beste. „Viele Jungen sehen oft die Karrierechancen nicht“, räumte Tritscher ein. Im Ausbildungsleitfaden verweisen die Sozialpartner auf Möglichkeiten wie einer fachlichen Vertiefung, Zweitausbildung, Selbstständigkeit, Auslandserfahrung oder Berufsmatura nach der Lehre. Auch die Familiengründung wird als Perspektive nach der Ausbildung vorgeschlagen. „Der Handel bietet durch die verschiedenen Arbeitszeitmodelle attraktive Bedingungen für Mitarbeiter, die sich der Familie widmen möchten“, heißt es da. (APA/Red.)